GERLACHILLEIS

Singe. mir, Muse, das Lied vom Zorn der holden Elfriede,
Anderes' göttlicher Tochter, aus Heidelbergs wehrhaften Mauern
Welche gar kundig der Pflanzen, der erdbewohnenden Tiere,
Auch der gefiederten Schar und der meerdurchwimmelnden Fische,
Kennt auch das menschliche Herz und seine sterbliche Hülle,
Forschet dazu die Gefilde umher der breitbrüstigen Erde:
Dienerin auch Klios genannt -singt sie doch unsterbliche Taten!
Welcher der Menschen hat jene empört zu feindlichem Hader?
Gerlachilleus, der Knecht des Hephaist, aus Seesen im Harze,
Welcher gar bastelgewaltig vor allen den Künstlern im Lande.
Siehe es wollten die Meister, die Wentorfs Gymnasium zieren,
- Wentorf am Walde der Sachsen, nicht weit von Hammonias Mauern -
Daß ein anderer walte als Obmann der Kunst und des Werkens,
Wolter der herrliche Mann, mit dem gräulichen Barte des Weisen,
Wolter aus Schwarzenbek, ein frommer Diener der Götter.
Doch nicht gefiel es dem Gerlach, dem Gatten der lieblichen Christa,
Also wellt er die Stirn und spricht 'die geflügelten Worte:
"Ich -ich brauch' einen Raum. So nehm ich mir also den Keller.
Denn so will ich es haben. Und gebt mir dazu noch die Heizung.
Denn zwei Räume zu ebener Erd', das kann nicht genügen.
Ich brauch' auch mal was Neues: So baut mir zwei Räume zum Werken
In einem neuen Gebäude - und einen für meine Maschinen,
Und einen großen zur Kunst, und gleich noch daneben den zweiten;
Auch noch ein Zimmer für mich,da kann ich mittags dann schlafen,
Und vergeßt nicht den Hof, den brauche ich nämlich zum Werken!"
Sprachs, da faßte ein Grausen die trefflichen Meister der Schule.
Lange saßen sie schweigend und sannen der mächtigen Worte.
Endlich nickte der Raloff und kratzte den bräunlichen Spitzbart
-Nimmer verlosch ihm die Glut in seiner unsterblichen Pfeife –
Und er sprach zu Väterchen Kluth, dem rheinischen Buben:
"Recht hat er, wenn man was braucht, dann muß man es haben, - so ist es!"
Und er dachte im Herzen an seine fürtrefflichen Rechner.
Simulog den Computer, und auch die Olivetti.
Ei, da erhub sich Elfriede, die helle Stimme im Rate,
Bebend von heftigem Zorn, wie floß ihr die Rede vom Munde:
"Welche Worte, mein Kind, sind deinen Lippen entflohen?
Möchte doch jeder so fallen, wer solche Taten beginnet!“
Und sie wandt' sich zu Gerlach, dem Gatten der lieblichen Christa:
"Ha, du in Unverschämtheit Gehülleter, sinnend auf Vorteil!
Hast du nicht neulich geklaut mir aus meinem Raum den Projektor,
öffnend mit frevelndem Schlüssel die Tür, die dir nicht gebühret?
Nehmt ihm weg diesen Schlüssel, versperrt sei das Reich der Natur ihm!"
Trunkenbold, mit dem hündischen Blick und dem Mute des Hirsches,
Raumverschlingender Künstler! Gar nichtigen Menschen gebeutst du!"
Sprachs und setzte sich hin. Und Beifall nickte Paulinchen:
Lieblich rannen die Locken von ihrem anmutigen Scheitel.
Und sie glich dem Unsterblichen an Wuchs und edeler Bildung.
Doch ihr Auge blickt schwarz, wenn Sie denkt, was wieder mal los ist.
Jetzt erhub sich Heinz Hartmann, der Vater der Lehrer und Schüler,
Welcher der Gründer der Schule der tönende Redner von Reinbek
Dem von der Zunge ein Laut wie des Honigs Süße daher floß.
Diesem waren schon zwei der lebenden Paukergeschlechter hingewelkt,
die vor dem'ihm zugleich aufwuchsen und lebten.
Dieser begann wohlmeinend und redete vor der Versammlung:
"Dulde, du liebes Kind, und fasse dich, herzlich betrübt zwar.
Einst wird kommen der Tag da der herrliche Gerlach uns einlenkt.
Still und zufrieden dann wird er in einer bescheidenen Zelle.“
Sprachs, unauslöschliches Lachen erscholl da den seligen Paukern.
Gerlach jedoch erhob sich und band sich unsterbliche Sohlen
unter lieblichen Füße und schritt aus dem Rate der Männer.

Verfasst und vorgelesen auf einem Kollegiumsfest von Dr. Danielsen